Berge sind an und für sich phantastische Gebilde, sie wirken das eine Mal furchteinflößend und majestätisch, das andere Mal einladend. Der Berg als spiritueller Wallfahrtsort oder sakraler Schauplatz begleitet uns durch die geschriebene Geschichte der Menschheit. In den früheren Epochen waren hohe Berge – höchstwahrscheinlich mangels technischer Ausrüstung – unbegehbar. Auf weitentfernten Gipfeln stellte man sich deshalb Götter und Geister vor, wodurch der Eroberung der Gipfel hiermit ein mentales Hindernis in den Weg gerollt wurde. Olymp war bei den alten Griechen deshalb der Wohnsitz der Götter, weil eine Höhe von fast 3.000 Metern für den Menschen der Antike unbezwingbar war; und wenn wir ganz ehrlich sind, bedeuten die letzten Meter des Mytikas-Berggipfels für die Bergsteiger auch heute noch eine Herausforderung.
In der bekanntesten Schrift der Welt, der Bibel steht, dass Gott die Zehn Gebote Moses auf dem Sinai-Berg (in 2.285 Meter Höhe) übergibt. Nach der Sintflut blieb ebenfalls hier – auf der Spitze des Ararat (in 5.165 Meter Höhe) – die Arche Noah stecken. Außerdem macht Jesus in seiner Bergpredigt Ausführungen zum Neuen Testament, also den neuen Geboten Gottes (vermutlich auch auf dem Berg der Seligpreisungen) usw.
Im Gegensatz zum oben Genannten erscheinen die Berge in den östlichen Kulturen in der Regel als „autonome Persönlichkeit”. Der Kailash-Berg in Tibet ist nicht nur eine heilige Pilgerstätte, sondern verkörpert selbst die Gottheit. Für den Westen war die Tatsache unverständlich, dass die dort Lebenden den Berg nicht besteigen. Hiervon schreibt unter anderem auch der Bergsteiger Heinrich Harrer in seinem Buch mit dem Titel Sieben Jahre in Tibet.
Der Name der Berge ist oft mit den dortigen Göttern oder Geistern identisch. In China leben in den Bergen Drachen und andere göttliche Wesen. Da ein Drittel des Landes aus hohen Bergen besteht, ist der Berg-Kult dort besonders stark. Laut Feng-Shui wäre die Regierung des Landes gut beraten, wenn sie aufgrund des entsprechenden Energieflusses ihr Parlament auf einem Berg oder zumindest auf einer Anhöhe errichten lassen würde. Den Meru-Berg in Indien betrachtet man als Mittelpunkt der Welt.
Berge und Gebirge sind also Symbole, denen man schon seit Jahrtausenden Bedeutung beimisst. Man betrachtet sie also als Wohnort der höchsten Wesen und des Wissens, als Sinnbild der Unveränderlichkeit und Beständigkeit sowie als Mittelpunkt der Welt. Ein spirituell auserkorener Platz, an dem sich die irdische Welt mit der überirdischen trifft. Auch Sie sollten Achtung vor „ihnen” haben!